Am heutigen 30. Juni will Microsoft die Auslieferung von Windows XP einstellen – zumindest teilweise. Ab morgen sollen die großen OEM-Hersteller nur noch PCs mit vorinstalliertem Windows Vista verkaufen. Dennoch wird XP noch für einige Zeit verfügbar bleiben.

Ganz offiziell will der Konzern noch die XP Home Edition für Mini-Notebooks ("Netbooks") sowie ebenso untermotorisierte Desktop-PCs ("Nettops") zur Verfügung stellen, und zwar bis zum "30. Juni 2010 oder ein Jahr nach Verfügbarkeit der nächsten Betriebssystem-Version, und zwar bis zum späteren der beiden Termine". Da als Erscheinungstermin des Vista-Nachfolgers Windows 7 derzeit Januar 2010 genannt wird, dürfte es also mindestens noch bis 2011 XP für die Mini-Rechner geben. Der Grund für diese Abweichung vom ursprünglichen Plan: Vista ist für die leistungsschwachen Minirechner schlicht zu schwerfällig, weshalb die Hardwarehersteller diese Geräte ohne Verfügbarkeit von Windows XP ausschließlich mit Linux ausstatten würden.

Doch XP bleibt auch für andere PCs verfügbar. Einzelhändler beispielsweise können vorhandene XP-Vorräte zeitlich unbegrenzt verkaufen. Und selbst wenn kein XP mehr im Laden zu finden ist, kommt man trotzdem noch dran, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Das Zauberwort in diesem Fall heißt "Downgrade": Man erwirbt zwar Vista, installiert jedoch stattdessen XP. Vorteil für Microsoft: Obwohl der Kunde in diesem Fall weiter auf das XP setzt, geht der Zähler für verkaufte Vista-Lizenzen wieder eins rauf.

Einige PC-Hersteller wollen das Downgrade-Recht nutzen, um weiterhin PCs mit vorinstalliertem XP anzubieten. Hewlett Packard etwa hatte bereits im April angekündigt, den Downgrade-Prozess künftig schon vorab im "Auftrag seiner Kunden" zu vollziehen und individuell konfigurierte Rechner mit XP-Images auszuliefern (wohl aber nur an Kunden mit Volumenlizenzen). Auch Dell und Wortmann haben mittlerweile bestätigt, noch für längere Zeit Rechner mit vorinstalliertem XP und beiliegender Vista-Lizenz liefern zu wollen. Lenovo geht einen etwas anderen Weg: Laut Website will der Hersteller noch bis Januar 2009 seinen Kunden voraktivierte Recovery-CDs zur Verfügung zu stellen, mit denen sich ein Rechner schnell auf XP umrüsten lässt.

Microsoft wird unterdessen nicht müde, weiterhin die Vorteile von Windows Vista gegenüber XP anzupreisen. So wurden einige Whitepaper etwa zum Einsatz in Unternehmen oder mit Vergleichen des Funktionsumfangs veröffentlicht, die allerdings nur die gewohnten Schlagwörter enthielten ("Sicherer!", "Schneller!", "Stabiler!", "Innovativer!") – und wohl auch nicht bei jedem Unternehmen zur gewünschten Resonanz führen: Intel und Daimler etwa haben bereits abgewinkt.

Doch nicht nur die Unternehmenskunden versucht Microsoft zum Umstieg zu drängen, auch für den privaten Einsatz will man kein XP mehr dulden, und hier wird Microsoft deutlicher. So ist auf Microsofts Website derzeit ein englischsprachiges Dokument zu finden, welches den bevorstehenden Lieferstopp von Windows XP begründet – Kurzzusammenfassung: "Wir wissen, dass ihr XP wollt, aber wir verkaufen es euch trotzdem nicht mehr."

Fraglich ist allerdings mittlerweile, ob der Lieferstopp überhaupt noch ein Problem darstellt: So berichtete ein Online-Händler gegenüber heise online, dass die Verkaufszahlen von XP mittlerweile zurückgehen und man sich deshalb "wie üblich" keine größeren Vorräte mehr angelegt habe. Offenbar haben sich bereits viele Interessenten vorsichtshalber mit XP-Lizenzen eingedeckt. Selbst wenn es also Microsoft gelingt, den Verkauf von XP in absehbarer Zeit zu stoppen, werden viele Nutzer trotzdem weiter XP einsetzen – sei es mit vorhandenen Lizenzen oder über die Downgrade-Option. Und zumindest für die nächsten Jahre spricht auch nichts dagegen: Microsoft verspricht, als sicherheitskritisch eingestufte Lücken in Windows XP noch mindestens bis 2014 mit Updates zu stopfen – und damit nach den derzeitigen Planungen bizzarerweise länger als bei Windows Vista Ultimate.
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